Konstellationen - 19.01.2011-13.03.2011

  Eröffnungsrede zur Ausstellung „Konstellationen“ in der Sächs. Landesärztekammer am 20.01.2011

 

Diese Ausstellung von Bernd Hahn in der Sächsischen Landesärztekammer ist einem Teilbereich seines Werkes gewidmet, den er „Konstellationen“ nennt. Eine Anzahl großformatiger Gemälde aus dem Jahr 2010 wird begleitet von einer Serie asketischer Zeichnungen auf noblem Himalaya-Bütten, die parallel dazu entstanden sind.

Der 1954 im sächsischen Neustadt geborene Künstler wollte zunächst Architektur studieren, bis ihn Siegfried Klotz – mit dem er frühzeitig befreundet war – überredete, in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre an der Dresdner Kunstakademie Malerei und Graphik zu studieren. Die Lehre daselbst gab ihm außer dem Handwerklichen wenig, viel mehr orientierte er sich an diversen Entwicklungen der Weltkunst und der lokalen Avantgarde. Um 1980, als sich ein großer Teil seiner ehemaligen Kommilitonen dem Neo-Expressionismus der Neuen Wilden anschloß, verließ er den Bereich des Gegenständlichen in programmatischer Weise völlig. Denn auch die „Abstraktion als Weltsprache“ beansprucht einen wesentlichen Platz in der jüngeren Dresdner Kunstgeschichte, allen ideologischen Bevormundungen zum Trotz. Von Hermann Glöckner, den Emigranten Wols und Hans Hartung, Edmund Kesting und Hans Christoph über Schmidt-Kirstein, Max Lachnit, Hippold und Herbert Kunze reicht die Reihe unter anderem auch bis zu Bernd Hahn.

Seit 1982 arbeitete er mit Jürgen Wenzel, Anton Paul Kammerer und dem 2001 verstorbenen Andreas Küchler in der gemeinsamen Druckwerkstatt B53 zusammen, die 1991 von der Pieschener Bürgerstraße 53 nach Burgstädtel bei Borthen verlagert wurde, wo die drei Verbliebenen heute auch wohnen. Es ist dies eine nachhaltige Freundschaft grundverschiedener Künstler seit der Studienzeit. 1994 wurde er zum Mitglied des Deutschen Künstlerbundes berufen und in den Jahren 2002 und 2003 bekleidete er eine Gastprofessur an der Dresdner Kunsthochschule.

Mag Bernd Hahn auch „bei Klee und Miro gefrühstückt“ haben, wie der Berliner Kunsthistoriker Christoph Tannert 1987 schrieb, so bewegte er sich doch schnell zu informellen Ufern, verbunden mit monochromer Versenkung und konkret-konstruktiven Elementen. In seinen Arbeiten verbindet sich an Tapies erinnernder südlicher Esprit mit nördlich-rationaler Ordnung und Konstruktion, begegnen sich östliche Meditation und westlich-informelle Aktion.

Seine Farbfelder im Bermuda-Dreieck von Mark Rothko, Barnett Newman und Pierre Soulages bleiben dennoch nach klassischem Maß und Gesetz dem „Antiken Prinzip“ verbunden europäisch. Ebenso sind seine Streifen- und Linien- Bilder gleichsam eine Spektralanalyse europäischen Geistes.

Und die „Konstellationen“ markieren ein Universum einfachster geometrischer Objekte, magisch bewegt von unsichtbaren Sonnen oder „Schwarzen Löchern“ im informellen Raum. Dies ganz besonders in den Bildern des Jahres 2010, in denen die Entropie des hintergründigen Rauschens scheinbar ins Gleichgewicht mit jener der schwarz-rot-blau-grün-weißen Quadrate, Rechtecke und Winkel gelangt ist. Fleckige Farbflächen, Spritzer, lockere und dichte Kritzeleien konterkarieren die genervt umherschwirrenden geometrisch exakten Vertreter der Ordnung. Als Pendant dazu strahlen die linearen Zeichnungen eine scheinbare Ruhe aus, die aber trügerisch sein kann, etwa wenn sich plötzlich unmerklich die Farben einzelner Elemente wandeln…

Nun sind also auch Bernd Hahns „Konstellationen“ ins Gravitationsfeld der Sächsischen Ärzteschaft gelangt. Ich wünsche der Ausstellung Erfolg und Bernd Hahn Gesundheit.

Gunter Ziller